Uniformmangel beim Antifanten-Jagdverein

Es kam, wie es kommen musste: Das Vechtaer AfD-Mitglied Stephan M. musste nach eigener Aussage eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen. Nicht nur ein Computer, zwei Tablets und drei Handys sollen beschlagnahmt worden sein, sondern auch seine geliebte Polizeiuniform, in der er unter Namen wie Antifanten-Jagdverein seine kruden Thesen auf TikTok verbreitet hatte – mitsamt der Dienstnummer 1161, einem rechten Code für „Anti-Antifa“.

Aus einem Durchsuchungsbeschluss, den er in einem Video vom 19.07.25 in die Kamera hält, geht hervor, dass gegen ihn wegen Missbrauchs von Titeln ermittelt wird, denn ein Polizist ist der Tätowierer und Piercer aus Lohne sicher nicht.

Nachdem Aktivistmuss & HoGeSatzbau auf den Pseudo-Polizisten aufmerksam gemacht hatten und der Streamer Marcant in einem Video auf seine TikToks reagierte, äußerten viele Zuschauer*innen Zweifel an der Authentizität des Outfits. Einige kündigten an, Anzeige stellen zu wollen.

Stephan M. schaut frontal in die Kamera und trägt dabei eine schusssichere Weste sowie eine Sturmhaube, Darüber Text: "Ein gut gemeinter Rat, bleibt lieber da wo ihr seid!"

Es ist nicht das erste Mal, dass Stephan M. Besuch von echten Polizisten erhält. Vor gut einem Jahr berichtete er bereits davon, eine Gefährderansprache erhalten zu haben. Kurz zuvor hatte er während eines Autokorsos der AfD Diepholz Parallelen zwischen der Elefantenjagd und dem Umgang mit Antifaschist*innen gezogen, nachdem er eine Chatnachricht in seinem TikTok-Stream als Bedrohung auffasste. Wörtlich: „Sollten da doch welche kommen, wie gesagt, wir können jagen. Und schießen.“

In einem Video zeigte er sich kurz darauf in Schutzweste und Sturmhaube und kündigte an, dass er sein Leben und sein Hab und Gut „mit aller Härte“ schützen und „jeden Einzeln [sic] von euch zur Verantwortung ziehen“ werde. Das Gesamtbild vervollständigte ein Song der Rechtsrock-Band Nordfront als musikalische Untermalung.

In der AfD Cloppenburg/Vechta scheint dieser Tonfall kein Ausschlusskriterium zu sein. Schließlich saßen während des besagten Autokorsos drei Vorstandsmitglieder mit ihm im Auto, von denen ihm eines eine 12mm-Kaliber-Waffe zur „Antifantenjagd“ empfahl. Fünf Tage später half Stephan M. dabei, AfD-Plakate für die Europawahl aufzuhängen. Auch auf den Montagsaktionen der AfD Diepholz in Bassum taucht er seit September 2024 wieder unregelmäßig auf.

Stephan M. hält eine AfD-Parteimitgliedskarte in der Hand.

„Sozialisten“, oder jene, die er für solche hält, bezeichnete er in einem Video vom 07.05.24 noch als „Arschgeburten“ und als „Streuner“, die „man nicht brauche“. Wenn „sie uns hier weiter vertreiben wollen“ und „die deutsche Rasse […] keine Möglichkeit mehr hat, die Genetik zu erhalten“, solle diese gemeinsam in ein anderes Land ziehen. Damit bedient er sich der rechtsextremen Verschwörungstheorie des „Großen Austauschs„, die von vielen Rechtsterroristen als Rechtfertigung ihrer Taten gesehen wird.

Nach seiner Gefährderansprache gab er sich diplomatisch und versprach, er werde „jetzt gesetzestreu bleiben“ und „sich an die Verfassung halten“. Ein Versprechen, dass er sofort damit relativierte, „die Altparteien“ würden mit „ihrer Hass und Hetze […] Schlammschlachten“ im Wahlkampf anregen, und das offensichtlich nicht lange währte.

Stephan M. trägt ein weißes T-Shirt, auf das ein durchgestrichenes Hakenkreuz gesprüht wurde. Darüber Text: "Ein Zeichen gegen Faschismus" und "Gegen Nazi's"

Sein Lieblingsthema ist nun die Behauptung, Hitler und das NS-Regime insgesamt seien links gewesen. Diese kolossale Geschichtsklitterung, die es nunmehr bis in die Chefetage der AfD geschafft hat, scheint fundamental für sein Weltbild zu sein und erlaubt ihm, sich selbst einen „antifaschistischen Antifantenjäger“ zu nennen und linke und progressive Personen als Faschisten zu brandmarken. Beispielhaft ist dieser Auszug aus einem KI-generierten Song von seinem YouTube-Kanal:

Jan macht Josef Konkurrenz, dem Josef den man Göbbels nennt
[…]
Böhmermann du kleiner Fascho hast es einfach nicht gecheckt
Dass in dir linkem Fascho ein riesen Nazi steckt

Warrior reloaded 2.0 – Böhmermann

Auch wenn Stephan M. darauf bedacht war, nie wörtlich zu behaupten, dass er Polizist sei, könnte nun eine empfindliche Strafe auf ihn zukommen. Was von ihm ohne seine Uniform noch bleibt, bleibt abzuwarten.

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